Um potenziellen Bewerber*innen und Zuhörer*innen einen Einblick in die Thematiken der Konferenz geben zu können, werden die beiden zentralen Begriffe nachfolgend vertiefend dargelegt.
Kulturtransfer
Unter dem Begriff des Kulturtransfers verstehen wir die Untersuchung von „Austausch, Rezeption und Integration von materiellen und (vor allem) geistigen Gütern zwischen voneinander getrennten ‚Räumen‘ oder ‚Kulturen‘“ (Externbrink 60). Selbstverständlich können materielle Güter wie Kleidung, Nahrung oder andere greifbare Kulturspezifika zwischen diesen Räumen ausgetauscht werden. Interessant sind jedoch besonders die Vorgänge, die mit der Übertragung nicht-materieller Güter, also beispielsweise in der Ausgangskultur verankerter Ideen, Konzepte oder Wertevorstellungen einhergehen.
Die Untersuchungen des Kulturtransfers, wie wir ihn verstehen, heben jedoch nicht darauf ab, Unterschiede hervorzuheben und die Räume, zwischen denen der Transfer stattfindet, voneinander zu isolieren. Stattdessen beschäftigt er sich mit der Frage, inwiefern sich die eigene Kultur durch die Integration von Gütern aus einer anderen Kultur wandelt, beziehungsweise, welche neuen Werte sie den „fremden“ übernommenen Inhalten zuschreibt.
Es geht demnach um nicht nur um die bloße Aufnahme materieller oder geistiger Güter einer Ausgangs- in eine Zielkultur, sondern um die (gegenseitige) Beeinflussung der Kulturen durch eben diesen Austausch.
(Kultur-)Zensur
Generell gesprochen bezeichnet die Zensur einen Vorgang, im Rahmen dessen bestimmte Informationen (beispielsweise in der Presse oder in Form von Druckwerken oder Filmproduktionen) vor der Weitergabe an ein Zielpublikum auf „politische, gesetzliche, sittliche oder religiöse Konformität“ (BPB) geprüft werden. Entsprechend bezieht sich der Begriff der Kulturzensur vorrangig auf die staatliche Observation von Kunst und Kultur und das Verbot regime-kritischer Werke in Druck, Funk und Film. Diese ist besonders in Ländern mit autoritären Regierungsformen wie China oder dem Nahen Osten ein großes Problem.
Im Rahmen dieser Konferenz möchten wir diesen Begriff jedoch weiter fassen. Dies geht mit dem Gedanken der „Anverwandlung vom ‚Fremden‘“ (Externbrink 61) im Kulturtransfer einher: Bei der Übernahme „fremd-kultureller“ materieller oder geistiger Güter findet immer eine Anpassung derselben an die eigene Kultur statt. Diese kann mitunter, je nach den kulturellen Gegebenheiten der eigenen Kultur, von unterschiedlich stark ausgeprägten Werteverschiebungen oder gänzlichen Auslassungen begleitet sein. Daher gilt unser Interesse (auch?) Eingriffen in die übernommenen Güter der Ausgangskultur, die Auswirkungen auf deren ursprünglicher Bedeutung haben und zugunsten der Konventionen der „Ziel“-Kultur vorgenommen wurden.
Die Unterthemen
Im Hinblick auf eine Definition und Öffnung der konkreten Forschungsfelder für Abstracts und spätere Beiträge wird an dieser Stelle auf die Unterthemen eingegangen.
Übersetzung und Dolmetschen
Hier ist von Interesse, wie bei verschiedenen Arten der schriftlichen Übersetzung (Literatur, aber auch Filmuntertitelung oder Videospiel-Lokalisierung) und der Verdolmetschung mit kulturspezifischen Inhalten umgeht, beziehungsweise inwiefern diese von Übersetzer oder Dolmetscher diese an die Zielkultur anpassen.
Pop Culture und Trends
Nicht selten wird das, was in einer anderen Kultur gerade seinen Weg in den Mainstream gefunden hat, auch in andere Kulturen übernommen. Es kann jedoch auch vorkommen, dass Kulturspezifika selbst zu Objekt der Populärkultur werden - jedoch nicht ohne Modifikationen.
Unterhaltungsmedien
Egal, um welches Medium es sich handelt: Sollen im Kontext einer anderen Kultur produzierte Filme, Serien, Videospiele oder ähnliches für den Markt einer zweiten Kultur vorbereitet werden, ist dies nicht selten von Anpassungen, Änderungen oder gar Kürzungen betroffen.
Food Studies
Essgewohnheiten einer Kultur sind von definierendem Charakter für selbige. Werden bestimmte Gerichte oder Nahrungsmittel, die einer Kultur zueigen sind, Teil einer anderen Kultur, so werden diese oft (nicht nur) geschmacklich an die Konventionen derselben angepasst.
__________________
Externbrink, Sven. „Kulturtransfer, Internationale Beziehungen und die ‚Generation Metternich‘ zwischen Französischer Revolution, Restauration und Revolution von 1848.“ In Wolfram Pyta et al. (Hg.), Das europäische Mächtekonzert: Friedens- und Sicherheitspolitik vom Wiener Kongress 1815 bis zum Krimkrieg 1853. Weimar: Böhlau Verlag, 2009.
"Zensur." BPB. Web. <http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/recht-a-z/23269/zensur>